Seit einigen Wochen steigen die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland im Donbass massiv. Seit der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Wahl Joe Bidens in den USA einen deutlich härteren Kurs gegen Russland fährt, drei sogenannt Russland-freundliche Fernseh-Sender widerrechtlich geschlossen hat und offen eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO verlangt, sind auch die Waffenstillstandsverletzungen in Luhansk und Donezk wieder gestiegen. Und seit kurzem melden die dortigen Beobachtungsequipen der OSZE, dass auch die Überwachungsdrohnen durch – vermutlich bewusst inszenierte – Störungen des GPS-Navigationssystems kaum mehr einsatzfähig sind. Zur Motivation der regierungstreuen ukrainischen Soldaten reiste Selenskyj sogar persönlich wieder an die Frontlinie. Von seinem Wahlkampf-Versprechen, in erster Priorität für Frieden im Donbass zu sorgen, ist nichts übriggeblieben. Im Gegenteil, er giesst jetzt sogar Öl ins Feuer.
So viel historisches Bewusstsein – und so viel Verdrängung geschichtlicher Fakten! Beides kennzeichnet die drei Kaukasus-Republiken Georgien, Armenien und Azarbeidjan. Und beides zusammen erklärt, in gewissem Rahmen, die aktuellen Konflikte. Der regional brisanteste, jener zwischen Armenien und Azarbeidjan, flackerte eben wieder auf: 17 Todesopfer forderten Schiessereien in Grenznähe – und nicht um die Region Berg Karabach (da gab es immer wieder blutige «Zwischenfälle», den letzten 2016, der 200 Todesopfer forderte), sondern viel weiter nördlich. Weshalb? Angeblich einfach deshalb, weil ein azarbeidjanischer Militärjeep zu nahe an einen armenischen Grenzposten geraten war.